Am 03.02.2024 war Tuttlingen Schauplatz einer großartigen Demonstration gegen rechts und für Demokratie, Vielfalt und Toleranz!

Rund 2500 Menschen kamen zusammen und setzten ein klares Zeichen! Natürlich war auch die Naturfreunde-Ortsgruppe Tuttlingen vertreten und unser Vorstandsmitglied Leander Rist hielt eine ergreifende und beeindruckende Rede die ihr hier jetzt nochmal lesen könnt:

 

 

Rede Kundgebung 03.02.2024

Mein Name ist Leander Rist und ich spreche heute hier als Vorstand der Naturfreunde Tuttlingen zu Euch.
Viele werden sich sicherlich fragen, wer sind die NaturFreunde und warum stehen sie auf der Bühne um zu diesem Thema eine Rede zu halten? Das möchte ich gerne etwas erläutern.
Als der Gedanke aufkam eine Kundgebung zu organisieren war es keine Frage, dass wir als NaturFreunde mit zu dieser Kundgebung aufrufen und aktiv bei der Organisation teilhaben.
Und das hat einen Grund der in der Geschichte unseres Landes liegt und einem Grundverständnis unseres Verbandes seit seiner Gründung im Jahr 1895. Als Teil der Arbeiterbewegung und als Verband der sich für Internationalismus und internationale Solidarität verstand, wurden wir ab 1933 Teil der Verfolgten des Naziregimes. Unsere Mitglieder wurden verfolgt und unsere Häuser enteignet und von SS und Hitlerjugend zu militärischen Übungszwecken und Kaderschmiden missbraucht. So auch das Haus unserer Ortsgruppe in Stetten am kalten Markt.
Als Verband der von den Nazis verfolgt wurde haben wir uns immer in der antifaschistischen Tradition verstanden. Und ja ich weiß wenn manche hier Antifaschisten hören dann kommen gleich Bilder hoch die durch Hetzmedien wie die Bild geschürt werden und durch Aussagen so mancher Politiker.
Dabei sind hier heute auf diesem Platz alle zusammen Antifschist*innen, denn alle die wir hier stehen, stehen hier weil wir für Demokratie-Vielfalt-Toleranz einstehen. Und damit stellen wir uns dem Faschismus entgegen. Das macht uns zu Antifschist*innen und das ist auch gut so.
Denn genau darum geht es heute und hier. Um die reale Gefahr, dass der Faschismus der letzten 30er Jahre wieder Platz findet in unserer Gesellschaft. Das er sich wieder breit macht und unsere freiheitlich demokratische Grundordnung in Gefahr bringt.
Und diese Gefahr ist existent, auch 1933 war es keine gewaltsame Machtergreifung durch Hitler und die NSDAP. Es war ein stetiges Sähen von Ideologien, Fake-News und das Suchen von Schuldigen. Dabei nutzten sie die schwierige wirtschaftliche Lage aber vor allem auch die politische „Unkultur“ dieser Zeit aus. Das sich gegenseitig Zerfleischen der „etablierten“ Parteien führte zu Instabilität und Raum den sie ausnutzten. Und so erfolgte die Machtübernahme Schritt für Schritt über die Instutionen, erste Bürgermeister, Landesparlamente und zuletzt der massive Einzug in den Bundestag.
Und genau deshalb ist es so wichtig das wir heute hier alle zusammen stehen. Denn unabhängig unserer unterschiedlicher Meinungen in vielen anderen Dingen stehen wir hier und heute vereint Schulter an Schulter und sind uns in einem einig. Wir stehen ein für eine demokratische Grundordnung, für die Wichtigkeit von Vielfalt in unserer Gesellschaft und für respektvollen und toleranten Umgang miteinander.
Das ist die Botschaft heute und hier. Und an dieser Stelle möchte ich meinen Freund Güner zitieren, dessen Interview heute im Gränzboten veröffentlicht wurde und das ich mehr als passend finde. Dort findet sich eine Aussage, eine Forderung die elementar ist damit wir einen erneuten Faschismus in unserem Land verhindern können. Seine Botschaft an die Parteien und die Politik ist: „Der Schulterschluss der Bevölkerung sollte ihnen zeigen, dass alle demokratischen Parteien auch gegen die Rechten zusammenstehen.“
Lassen wir nicht zu dass sie uns weiter spalten, gehen wir dagegen vor.
Zuletzt möchte ich gerne noch auf ein Thema eingehen dass mir bei der Thematik sehr am Herzen liegt und zu dem ich auch als Vater eine emotionale Verbindung habe: die Jugend. Als Jugendlicher und junger Erwachsener war ich aktiv im Landesvorstand der Naturfreundejugend Württemberg. Ich leitete dort das Referat Antifaschistische Arbeit. In diesem Zusammenhang leitete ich diverse Seminare, politische Stammtische aber auch Gedenkstättenfahrten in KZs immer verbunden mit Zeitzeugengesprächen.
Im Zusammenhang mit einer solchen Fahrt gab es auch ein Gespräch mit Hans Gasparitsch, selbst auch Mitglied der Naturfreunde. Hans Gasparitsch war 1933 gerade einmal 15 Jahre alt, was ihn und seine Freunde jedoch nicht davon abhielten eine Widerstandsgruppe zu gründen, die Gruppe G. Sie machten u.a. mit Flugblättern auf die Gefahren durch die NSDAP aufmerksam. Die oft gefundene Aussage: „Was hätten wir denn machen sollen“. Konterkariert der Mut dieser jungen Menschen einer engagierten Jugend.
Hans Gasparitsch wurde 1935 verhaftet und kam nach einer Haft in verschiedene KZs bis er 1945 aus Buchenwald befreit wurde. In einem Gespräch mit ihm zeigte er das Grauen dieser Zeit auf eine ganz besondere und berührende Art auf, er sagte: „Wisst ihr meine ganze Jugend und die Zeit als junger Erwachsener habe ich im KZ verbracht, ich habe nie erfahren wie es ist sich als Jugendlicher zum ersten Mal richtig zu verlieben oder ein Mädchen zum ersten Mal zu küssen.“
Dieser Satz hat sich bei mir eingeprägt und mich nie losgelassen. Denn er zeigt eines auf so menschliche Art und Weiße. Der Faschismus der Nazis hat so viel Leid über so viele Menschen gebracht und er hat sich der Jugend und ihrer wundervollen Energie beraubt. Wir alle wissen wie es ist welch Energie in jungen Menschen steckt und wie wunderbar diese sein kann. Lassen wir nicht zu das die Faschisten diese Energie für etwas nutzen das uns allen nur Leid einbringt und keinem weiter hilft.
Deshalb gilt die alte Losung: „Nie wieder Faschismus – Nie wieder Krieg“, „kein Fußbreit den Faschisten“ nicht ein Millimeter!
TUTTLINGEN IST BUNT UND BLEIBT – WIR SIND MEHR